piano possibile
Fausto Romitelli über sein Werk

Die Musik für Sopran und elf verstärkte Instrumente entwickelt durch den Kontrapunkt mit der bunten Störung durch
das Video von Paolo Pachini und Leonardo Romoli ein unreines Timbre. Drei autonome Filme, auf drei Leinwände
projiziert, nehmen den gesamten visuellen Raum ein, während die Musik in Form von Lichtpaketen projiziert wird.
Musik und Bild verwenden beide die gleichen physikalischen Besonderheiten, einschliesslich Irisierung, Korrosion,
plastische Deformation, Bruch, Weissglut und Sonnenbestrahlung von metallischen Oberflächen und verraten so ihr
inneres Gewaltpotential und gar mörderische Neigungen.

Meine Kompositionen gehen von der Idee aus, dass der Klang eine Materie ist, die sich bearbeiten lässt. Struktur,
Dicke, Durchlässigkeit, Dichte, Glanz und Elastizität sind die Hauptaspekte dieser Klangskulpturen, die durch
Verstärkung und elektroakustische Behandlung wie auch durch reine Instrumentalkomposition entstehen. Nach Prof.
Bad Trip, wo die instrumentalen Harmonien wie durch einen Meskalinschleier wahrgenommen wurden – gesättigt,
verzerrt, verdreht und verflüssigt –, fühlte ich mich verpflichtet, diesen Experimenten bis zu den Grenzen der
Wahrnehmung zu folgen, indem ich den Klang projizierte, als ob er Licht wäre, um so die extreme Halluzination zu
erreichen, bei der Klang gesehen werden kann. Ziel von ‹An Index of Metals› ist es, die profane Form der Oper in eine
Erfahrung von totaler Wahrnehmung zu verwandeln, indem die Zuschauenden in eine glühende Materie eingetaucht
werden, welche gleichzeitig leuchtend und klangvoll ist, ein Magma von fliessenden Klängen, Formen und Farben,
ohne Handlung bis auf jene der Hypnose, Besessenheit und Trance. 

Es ist ein weltliches Ritual, den Lichtshows der sechziger Jahre oder heutigen Rave-Parties ähnlich, in denen der Raum
durch die Lautstärke des Sounds und die visuelle Sättigung eine feste Form angenommen hat und sich in tausend
Anamorphosen zu wandeln scheint. Anstatt, wie bei der Mehrheit zeitgenössischer Musik, analytische Fähigkeiten zu
fordern, zielt ‹An Index of Metals› darauf ab, vom Körper Besitz zu ergreifen, indem es an dessen Sinnenfreude im
Höchstmass appelliert.[…] Es ist eher ein völlig neues Konzept, in welchem Klang und Licht Teil eines einzelnen
Durchgangsprozesses werden, so wie Musik und Video, wo Ton und Bilder als Elemente eines einzigen Kontinuums
gebraucht und denselben Computertransformationen unterworfen werden. Es geht also um die Fusion von Wahr-
nehmung, um das Fehlen von Orientierungspunkten, um den fortan grenzenlosen Körper im Schmelzofen einer
rituellen Soundmasse. Sogar das originale Libretto von Kenka Lèkovich wird durch die Übersetzung von einer Sprache
in die andere verändert. 

pfeil

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